Jochen Schulz

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Cisco SG350 und CBS350 im Vergleich

Der Cisco SG350 hat sich über die letzten Jahre als die Nummer Eins unter den Netzwerk-Switchen für Dante Anwendungen etabliert. Zuverlässigkeit auch bei kritischen Audio-Anwendungen, Funktionsumfang und Bedienbarkeit sind nur drei der Hauptmerkmale. Und das alles zu einem bezahlbaren Preis.

Nun sind ein paar Jahre vergangen und Cisco hat natürlich nicht geschlafen! Seit kurzem gibt es eine Art Nachfolger des SG350: den CBS350. Aus Small Business Switch wird Cisco Business Switch!

Da beide Typen parallel verfügbar sind und auch noch keine Abkündigung von Cisco zum SG350 vorliegt, stellen wir uns alle natürlich die Frage: ist der Funktionsumfang identisch und lassen sich beide Typen folglich beliebig austauschen? Oder gibt es irgendwo Verbesserungen?

Falls du eine schnelle Antwort suchst: aus meiner Sicht ist der CBS350 zu 95% identisch mit dem SG350!

Die Modelle

Bevor wir uns an die technischen Feinheiten begeben, lass uns kurz einen Blick auf die verfügbaren Modelle werfen. Da sich die Preise kontinuierlich ändern, habe ich statt eines Preises lieber den Amazon-Link* zu jedem Modell hinterlegt, damit du den tagesaktuellen aktuellen Preis mit einem Klick abrufen kannst.

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Auch wenn die Zählweise kurz irritiert, ergeben sich auf den zweiten Blick kaum Änderungen. Während in der SG350-Reihe jeder Port gleichwertig gezählt wurde, zeigt die Modellbezeichnung bei der CBS350-Reihe die Ports in “normale Ports” und Uplink-Ports geteilt. Aus 10 Ports werden 8+2, aus 28 werden 24+4 - und so fort.

Bei der Gesamtleitung der PoE-Modelle hat sich ebenfalls nichts verändert. Es gibt weiterhin die drei Modelle: einmal ohne PoE, einmal mit kleiner Leistung und einmal mit großer Leistung. Wenn man bisher mit einem Modell aus der SG350-Reihe geliebäugelt hat, dürfte es einfach sein, ein adäquates Modell aus der CBS350-Reihe zu finden.

Die CBS350-Familie umfasst auch Modelle mit 10G-Uplinks. Insofern ist der CBS350 sowohl Nachfolger für den SG350 als auch für den SG350X.

Die einzige wirkliche Veränderung sehe ich beim Wegfall der SFP-Modelle. Hiermit ließen sich sternförmige Netzwerk-Topologien mit optischen Uplinks realisieren, ohne dass man die SG350-Familie verlassen musste.

Technische Daten

Auch wenn die folgende Tabelle recht langweilig daher kommt, so gehört es sich dennoch auch die inneren Werte kurz abzuchecken. Überraschungen bleiben glücklicherweise aus. Die Werte für die Verarbeitungskapazität (Pakete pro Sekunde und Gigabit pro Sekunde) sind auf die Kommastelle identisch zwischen beiden Serien. Nur bei den 16 Port-Modellen lässt sich eine minimale Änderung erkennen. Der SG350 hat hier eine etwas größere Kapazität aufgrund seiner 4 Uplink-Ports im Vergleich zum CBS350 mit nur zwei Uplinks.

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Wenn wir an Dante-Anwendungen denken, die selbst bei 500 Audio-Kanälen gerade mal 1 Gbps als Gesamtbelastung verursachen, erfüllen sämtliche Switche unsere Anforderungen mit großem Abstand.

Die Datenblätter, aus denen ich diese Informationen entnommen haben, findest du übrigens hier:

Äußerlichkeiten

Die augenscheinlichste Änderung ist das neue Weiß, das sich gegenüber dem bisherigen Schwarz der meisten IT- und Audio-Technik in den Vordergrund spielt. Aber nicht nur die Farbe setzt sich ab, auch die Rack-Winkel werden nun gute 2cm weiter hinten montiert. Der gesamte Switch steht also gegenüber allen anderen Geräten im Rack ab. Von den großen Catalyst Switchen kennt man dies bereits, aber bei den “kleinen” Switchen war es bislang unüblich.

Je nach Anordnung kann man diesen 2cm-Vorsprung durchaus ästhetisch attraktiv finden. Ich habe jedoch Bedenken, dass dies immer gut funktioniert. Cat-Kabel sind ohnehin etwas sperrig bezüglich ihres Biegeradius. Solltest du eine Tür an deinem Rack eingebaut haben und sich diese bisher gerade so schließen, dann bedeuten 2,3cm weniger Platz, dass du die Tür mit einem CBS350 mit etwas Kraft zudrücken musst. Nicht gut für die Kabel und nicht gut für die Buchsen im neuen Switch.

Außerdem bedeutet ein Vorsprung eines Gerätes, dass eine etwaige Beleuchtung (wie diese hübsche Multicolor-LED-Rackblende*) nur oberhalb des Switch funktioniert. Und darunter wird man nur noch einen großen dunklen Schatten sehen.

Solange du weder Racktür noch Beleuchtung verwendest, ist es Geschmackssache und eine Frage der übrigen Rack-Bewohner, ob das neue Design eine Verbesserung darstellt.

Was mir allerdings weniger gut gefällt, sind die Rack-Winkel. Bei sämtlichen meiner Switche sind die Rack-Ohren entsprechend der Switch-Farbe lackiert. Beim CBS350 sind sie leider unlackiert. Bei den Switchen ab 24 Ports mag dies kaum auffallen, weil die Rack-Ohren recht klein sind. Aber bei 8- und 16-Port-Modellen nimmt die silberne Fläche immerhin die Hälfte der Rackbreite ein.

Der Strom-Anschluss

Es gibt die 8- und 16-Port-Modelle der CBS350-Reihe wahlweise mit internem oder externem Netzteil. In der Modellbezeichnung erkennt man dies an einem zusätzlichen “E”. Den Switch mit 16 Ports gibt es beispielsweise als CBS350-16T-2G (mit internem Netzteil) und als CBS350-16T-E-2G (mit externem Netzteil).

Für ein sauberes Rack empfiehlt sich natürlich die interne Variante. Wenn es allerdings darum geht, im Havariefall mal schnell ein Netzteil auszutauschen, ist man wiederum froh, wenn man ein externes Netzteil hat und direkt umstecken kann ohne das ganze Gerät auseinander bauen zu müssen.

Bei meinem 8-Port SG350 mit PoE hab ich mich bei jedem Anschließen gefragt, wie lange dieser Stecker bzw. die Buchse wohl noch lebt. Beim Auspacken des CBS350 hab ich mich sehr gefreut, dass es an diesem Punkt tatsächlich eine deutliche Verbesserung gibt! Wenn du den Switch nur einmal anschließt und ihn dann 10 Jahre nicht mehr anfasst, mag dich dieser Punkt nicht sonderlich begeistern. Aber wenn du deinen Switch gelegentlich mobil einsetzt, ist der Unterschied zwischen den Strom-Steckern sehr deutlich!

Ich kann nicht versprechen, dass sämtliche CBS350 mit diesem Stecker ausgestattet sind. Aber da er 4polig ist, gehe ich davon aus, dass auch die PoE-Modelle diesen Stecker verwenden.

54V rund: SG350-10P, 12V eckig: CBS350-8T-E-2G

Serielle Schnittstelle und USB

Auch dieser Punkt ist aus meiner Sicht eine Verbesserung! Die meisten werden ihn vermutlich nicht zu schätzen wissen, weil sie die Konfiguration ausschließlich über einen Webbrowser vornehmen. Es gibt immer mal den Moment, wo man nicht weiß, welcher Port Zugriff auf das Switch-Management-VLAN hat. Oder es sind alle Ports belegt. Oder der Switch reagiert nicht unter der IP-Adresse, unter der man ihn erwartet. In all diesen Fällen kommt man über den seriellen Port ganz ohne IP-Adresse oder VLAN-Zuweisung Zugang zum Switch.

Die SG350 hatten diesen Port auf der Rückseite. Und immerhin lag jedem Switch ein serielles Kabel bei! Nur welcher Laptop hat heutzutage noch eine RS232-Schnittstelle?! Man musste also für derlei Zugriff nicht nur das Rack öffnen und sich zum Port auf der Rückseite vorkämpfen, sondern auch noch den passenden USB-RS232-Konverter dabei haben.

Die CBS350 haben hier direkt zwei Fortschritte: zum einen haben sie den seriellen Port vorne erreichbar. Und zum anderen haben sie einen USB-Port! Ein Adapter-Kabel braucht man dann zwar immer noch (und bei meinem CBS350 lag leider weder USB- noch RS232-Kabel bei), aber zumindest kann man sich den USB-RS232-Konverter sparen.

Die LED-Anzeigen

Man kann es auf dem Foto nur erahnen: die LED an jedem Port ist deutlich kleiner und schwächer als bisher und nun leider genau unter dem Port angebracht, d.h. perfekt vom Stecker verdeckt.

Ich mit meinen 1,84m Körpergröße schaue auf die meisten Geräte im Rack leicht von oben. Ich ahne jetzt schon, dass ich in Zukunft in die Hocke gehen muss, wann immer ich die LEDs sehen möchte.

Das helle Blitzlicht-Gewitter der meisten Switche ist zwar ästhetisch keine Höchstleistung, aber es erfüllt seinen Zweck, insbesondere wenn die LEDs schräg oberhalb vom Stecker angebracht sind. Die zierlichen versteckten LEDs beim CBS350 sind durchaus hübsch, aber für professionelle Zwecke eher eine Verschlechterung gegenüber dem SG350.

FEATURES

Der Funktionsumfang beider Serien ist quasi identisch. Nur ein Punkt ist mir bei der Einrichtung aufgefallen, entdeckst du ihn in der Tabelle? :)

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Die Unterstützung für Small Network Application (SNA) wurde beim CBS350 leider gestrichen. Ich persönlich habe diese Funktion immer gerne genutzt, sobald mehrere Switche miteinander verbunden wurden. Mit nur einem Klick auf das SNA-Icon war diese Funktion schnell und ohne Installation verfügbar. Und kostenlos.

Man konnte auf einen Blick die Topologie seines Netzwerks prüfen und sogar die aktiven und redundanten Verbindungen im Spanning Tree erkennen.

Cisco hat inzwischen ein neues Tool entwickelt für diese Art von übergreifendem Management: das Cisco Business Dashboard. Insofern versucht dich Cisco mit dem Streichen der SNA-Funktionalität zu zwingen, auf das Business Dashboard umzusteigen. Dieses hat allerdings ein paar Hürden im Vergleich zum bisherigen SNA: man muss eine 1,6GB große virtuelle Maschine herunterladen (beispielsweise für VirtualBox) und auf einem PC permanent im Hintergrund laufen lassen. Außerdem ist die Nutzung nur bis zu 25 Geräten kostenlos. Bei größeren Netzwerken muss man jährlich eine Abogebühr bezahlen.

Ich hätte mir gewünscht, dass Cisco die SNA-Funktionalität auch in den CBS350 weiterhin unterstützt. Dadurch hätte man in ein bestehendes SG350-Netzwerk zukünftig Switche aus der CBS350-Reihe hinzufügen können unter Beibehaltung der SNA-Funktion.

SNA macht aus meiner Sicht nur noch wenig Sinn, wenn es nicht von allen Switchen unterstützt wird. Der einzige Trost: das neue Business Dashboard unterstützt sowohl die CBS350- als auch die SG350-Familie. Solange man weniger als 25 Switche verwalten möchte, könnte man also ohne Zusatzkosten von SNA zum Business Dashboard wechseln.

Optische Module

Erfreulich ist, dass auch die unterstützten SFP-Module weitestgehend gleich sind und man somit Module beliebig tauschen kann. Die meisten am Markt erhältlichen Module sollten ohnehin funktionieren. Aber für den Fall, dass du auf die Original Cisco SFP-Module setzt, gibt es keine Änderung.

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Web-GUI

Ein großes Thema, das sich leider nicht aus dem Datenblatt und auch nicht aus dem Handbuch beantwortet, ist die GUI. Man weiß erst im Detail, welche Funktionen mit welchen Optionen zur Verfügung stehen, wenn man es selbst ausprobiert.

Ich möchte dir ein paar Beispiel-Screenshots zeigen mit denjenigen Funktionen, die ich am häufigsten nutze bei der Einrichtung von Dante-Netzwerken.

Fangen wir an mit einem Überblick über Menü-Struktur:

Auch wenn alles anders aussieht und es auf den ersten Blick schwer nachzuvollziehen ist: die Menü-Struktur ist zu 99% identisch! Lediglich das Design hat sich geändert.

Es macht alles einen modernen Eindruck. Allerdings finde ich die linke Menü-Leiste jetzt etwas unübersichtlicher mit den großen Abständen.

Es gibt lediglich einen Unterschied in der Anordnung: während der Menü-Punkt IP Configuration bislang als ein Punkt beim SG350 eingeordnet war, sind beim CBS350 daraus nun drei getrennte Punkte geworden. Mir erschließt sich nicht ganz der Sinn und die linke Menü-Leiste empfinde ich nun als zu lang und unübersichtlich, aber es ist nur eine optische Änderung.

Generell gibt es nun mehr Icons statt den bisherigen Text-Buttons. Geblieben ist die Unterscheidung zwischen Basic und Advanced-Modus. Einige Menüpunkte werden im Basic-Modus ausgeblendet, um einen ungeübten Nutzer nicht zu verschrecken mit den vielen Möglichkeiten.

Damit du dich selbst überzeugen kannst, dass sich an den eigentlichen Funktionen nichts geändert hat, gehen wir exemplarisch ein paar Menü-Punkte durch. Ich habe bereits ein paar Einstellungen vorgenommen, damit das ganze etwas Leben bekommt. Die Einstellungen sind also nicht mehr im Default-Zustand.

VLAN Settings

Port VLAN Membership

Spanning Tree

IPv4 Interface

IGMP Snooping

QoS DSCP to Queue Table

Wie du vermutlich selbst siehst: alles sieht ein wenig anders aus, aber letztlich ist jede Funktion und jeder Button weiterhin vorhanden.

Fazit

Wenn ich die Erkenntnisse in einen einzigen Satz fassen müsste, er würde lauten: Der SG350 hat unter Beibehaltung seiner Leistungsfähigkeit und Funktionen ein hübsches Facelift bekommen.

Falls du den SG350 schon kennst und verwendest, kannst du aus meiner Sicht ohne nachzudenken zum CBS350 greifen. Andersherum bietet der neue CBS350 keine neue Funktion, die der SG350 nicht auch schon bietet. Es besteht also kein Anlass zum schnellen Wechsel. Es sei denn, du möchtest optisch ein paar weiße Akzente setzen in deinen Racks!

Genau hinschauen solltest du beim Wechsel, falls du eine Rack-Tür hast oder eine Rack-Beleuchtung. Aufgrund des 2cm Vorsprungs des CBS350 könnte es hier Probleme geben.

Der neue Stromstecker bei externen Netzteilen und die USB- und serielle Schnittstelle an der Vorderseite sind zwei willkommene Verbesserungen. Die Streichung der SNA-Unterstützung dagegen bedaure ich.

Ich persönlich würde bei annähernd gleichem Preis zukünftig zum CBS350 greifen. Wenn der Preisunterschied allerdings groß ist, spricht nichts dagegen, weiterhin den SG350 zu kaufen.


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