Raummoden messen mit REW (Freeware)
Vermutlich ist dir beim Musikhören bereits aufgefallen, dass bestimmte Töne hervorstechen, während andere eher untergehen. Und wenn du den gleichen Song in verschiedenen Räumen hörst, wirst du schnell feststellen, dass das Dröhnen in jedem Raum etwas anders klingt bzw. bei verschiedenen Frequenzen auftritt. Man kann den Fehler also in der Regel nicht auf die Aufnahme schieben. Spätestens, wenn du dieselbe Musik nochmal mit Kopfhörer anhörst, wirst du merken, dass die Aufnahme selbst keine großen Probleme aufweist. Die Ursache für die Unebenheiten im Frequenzgang müssen also bei dir zu Hause liegen! Willkommen im Club - Du bist nicht alleine!
Genau hier möchte ich heute ansetzen und dir einen einfachen Weg zeigen, wie du diese Unebenheiten deines Raumes nachvollziehen kannst. Denn ohne Kenntnis des Problems wird es schwierig eine Lösung zu finden!
Natürlich lässt sich ein Raum auch verbessern, indem man ein paar Absorber - mal hier und mal da – platziert und sich jeweils dieselbe Musik nochmals anhört. Aber dieser Prozess ist recht anstrengend und schlecht nachvollziehbar. Wenn der Absorber teuer genug war, dann redet man sich leider auch sehr schnell ein, dass sich der Klang verbessert hat, obwohl sich rein messtechnisch vielleicht gar nicht viel geändert hat. Ich kenne das nur zu gut!
Eine einzige Messung dagegen zeigt dir in Sekunden die Probleme Deines Raumes. Du kannst zum einen sehr genau ablesen, bei welchen Frequenzen der Raum nachschwingt. Und zum anderen lassen sich die Messungen abspeichern und vergleichen. Du kannst also schnell ermitteln, an welchen Stellen im Raum Deine Absorber tatsächlich eine Verbesserung bewirken.
Equipment: Was Du zum Messen der Raummoden brauchst
Ein bißchen Technik ist natürlich notwendig, um deine momentane Raumakustik sichtbar zu machen:
Lautsprecher (oder Subwoofer)
Das Schwingen des Raumes, insbesondere eines akustisch nahezu unbehandelten Raumes, erzeugt derart große Änderungen im Frequenzgang, dass für diese Messung jeder Lautsprecher geeignet ist. Schön wäre natürlich, wenn der Lautsprecher möglichst auch tiefe Frequenzen wiedergibt. Die größten Probleme, die wir in unserem Raum haben bzw. die am schwierigsten zu bekämpfenden Probleme liegen unterhalb von 100Hz. Ich habe für meine Messungen deshalb nur einen Subwoofer (den Genelec 7350 APM,*) verwendet. Soweit dieser einen Tiefpass-Filter hat, sollte dieser für die Messungen allerdings deaktiviert oder möglichst hoch eingestellt werden.
Messmikrofon
Wie zuvor beim Lautsprecher gilt auch hier: jedes günstige Messmikrofon ist gut genug für die Messung von Raum-Moden. Ich verwende übrigens das EMX-7150 von iSEMcon.
Falls bei Dir die Neu-Anschaffung eines Mess-Mikrofons ansteht, dann empfehle ich Dir diesen Blog-Artikel mit einem ausführlichen Vergleich meiner Mikrofone. Kurzfassung: ein Behringer ECM8000* für etwa 34,- EUR liefert in Bezug auf Raummoden zu 99% die selben Ergebnisse wie ein Mikrofon zum 10fachen Preis.
Falls Du kein Messmikrofon besitzt, aber in Deinem Tonstudio einige Mikrofone greifbar hast, dann versuche ein Kondensator-Mikrofon mit Kugel-Charakteristik zu verwenden (Druckempfänger) aufgrund der besseren Linearität im Tieftonbereich gegenüber einer Nieren-Charakteristik.
Stativ
Für eine einmalige Messung kannst Du das Mikrofon sicherlich auch mit etwas Klebeband an der Wand befestigen. Oder im aller einfachsten Fall legst Du das Mikrofon einfach auf den Fußboden. Die Erkenntnisse bezüglich Raummoden dürften in allen Raum-Ecken sehr ähnlich sein. Auch ohne Stativ kannst Du also direkt loslegen und Dir einen ersten Eindruck von Deinem Raum verschaffen.
Wenn Du öfters Messungen anfertigst, lohnt sich sicherlich die Anschaffung eines Mikrofon-Stativs. Ich selbst besitze inzwischen acht Manfrotto 5001* Stative, die ich aufgrund ihres Gewichts von unter 1kg und ihrer geringen Größe auch zu jedem Job im Koffer mitnehmen kann. Die maximale Höhe von 1,93m ist allerdings nicht ganz ausreichend, um mit dem Messmikrofon in die oberen Raumecken zu kommen. Ich verwende deshalb noch diesen 30cm Schwanenhals*.
Für gelegentliche Messungen sollte das Stativ natürlich nicht unbedingt mehr kosten als das Messmikrofon. Die gängigen Stative wie beispielsweise dieses von König&Meyer* reichen zwar nicht bis in die obere Raumecke, aber ermöglichen zumindest eine präzise Messung am Abhörplatz.
Audio-Interface
Es gibt eine wichtige Anforderung an Dein Audio-Interface: es sollte einen Mikrofon-Eingang mit 48V Phantom-Speisung aufweisen. Denn ohne diese Versorgungsspannung wird Dein Messmikrofon nicht funktionieren. Falls Du das Interface nur für diesen Zweck anschaffst, dann reicht im Prinzip schon ein einziger XLR-Eingang, wie beispielsweise beim Focusrite Scarlett Solo*, das ich für diesen Test verwende.
Die meisten Audio-Interfaces werden ohnehin mindestens zwei Ausgänge besitzen. Wir kommen für die Messung der Raum-Moden sogar mit einem Ausgang aus, an den wir unseren Lautsprecher oder Subwoofer anschließen. Achte darauf, dass Du direkt das richtige Verbindungskabel mit bestellst. Manche Interfaces haben XLR-Ausgänge, manche Klinkenbuchsen. Ich benutze zwei dieser Kabel als Adapter für das Focusrite und diese 5m XLR-Kabel von Cordial für das Mikrofon und den Lautsprecher. Wenn du das Interface an einen Hifi-Verstärker anschließen möchtest, wirst du vermutlich ein solches Klinke-Cinch-Kabel brauchen.
Preislich bietet sich rein für Mess-Zwecke das Behringer UMC22* an für etwa 40 EUR. Dies habe ich allerdings noch nicht selbst getestet und kann daher keine eindeutige Empfehlung aussprechen.
Mess-Software
Ich habe in den letzten Jahren inzwischen einige Software zum Einmessen von Lautsprecher-Anlagen ausprobiert und angeschafft. Und natürlich habe ich die Messkurven auch öfters miteinander verglichen. Letztlich zeigen sie ziemlich genau das gleiche an, wenn man die Parameter gleich einstellt.
Meine Mission ist es, dass jeder die Möglichkeiten und das Wissen erwerben kann, das er braucht zur Optimierung seiner Anlage und seines Raumes. Und nachdem ich mich nun auch mit der Freeware REW (Room EQ Wizard) auseinandergesetzt habe, kann ich diese uneingeschränkt empfehlen für alle Messungen im Bereich Raumakustik.
Alles in allem kostet das Equipment also weniger als EUR 100,- selbst wenn Du bislang weder ein Mess-Mikrofon noch ein Audio-Interface besitzt. Den Lautsprecher zähle ich hierbei nicht mit, denn den wirst Du ja ohnehin brauchen oder schon besitzen, wenn Du Musik hören möchtest!
Der Mess-Aufbau
Lautsprecher
Wir würden sicherlich die Schwächen des Raumes auch erkennen, wenn wir den Lautsprecher dort beließen, wo er sich gerade befindet. Gerade zu Beginn ist es jedoch vorteilhaft, wenn wir den Lautsprecher in eine Ecke auf den Fußboden stellen. Denn dort regt er alle Raummoden gleichermaßen an. Wenn der Lautsprecher mitten im Raum steht, werden einige Moden angeregt und andere möglicherweise nicht oder nur schwach. Um Deinen Raum gut kennenzulernen, würde ich Dir zumindest einmal empfehlen, den Lautsprecher tatsächlich in die Ecke zu stellen.
Die Messung sollte nur mit einem Lautsprecher durchgeführt werden. Wir benutzen deshalb auch nur einen der Ausgänge vom Audio-Interface. Falls Dein Lautsprecher oder Receiver einen EQ oder intelligente Raum-Anpassung besitzt, solltest Du diese für die Messung deaktivieren. Wie schon erwähnt solltest Du bei Benutzung eines Subwoofers ebenfalls den Tiefpass deaktivieren oder möglichst auf eine hohe Frequenz (100Hz oder höher) einstellen.
Mein Genelec Subwoofer erlaubt leider maximal 100Hz für den Tiefpass und somit sind in den Mess-Diagrammen natürlich nur Daten bis 100Hz enthalten.
Mess-Mikrofon
Das Mikrofon positionieren wir in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes. Falls Dein Lautsprecher vorne links in der Ecke auf dem Boden steht, dann sollte das Mikrofon also nach rechts hinten an die Decke!
Bei symmetrischen Räumen reicht meist eine Mess-Position aus. Es schadet aber nicht, wenn Du das ganze nochmal in einer anderen Ecke wiederholst. Aufgrund der Lautsprecher-Kabel ist es vermutlich am einfachsten, wenn du die vordere rechte Ecke nimmst. Das Mikrofon wandert entsprechend mit in die Ecke hinten links oben.
Die Messung
REW ist zwar kostenlos, aber trotzdem ist es eine ausgereifte und umfangreiche Software. Entsprechend üppig sind die Einstell-Möglichkeiten, um auch dem erfahrenen Nutzer alle Möglichkeiten zu bieten, die man je nach Situation brauchen könnte.
Ich werde aufgrund der Komplexität nicht jeden Schritt erklären können. Ich möchte aber versuchen, Dir die wichtigsten Schritte aufzuzeigen und Dir den Einstieg in raumakustische Messungen so einfach wie möglich zu machen.
Ich verwende REW übrigens unter Mac OS. Es sollte genauso gut auch unter Windows laufen. Die Software kannst Du hier kostenlos downloaden: Room EQ Wizard.
Den Installationsprozess der Software und des Audio-Interfaces werde ich nicht weiter kommentieren, da er bei jedem anders aussieht und hoffentlich selbsterklärend ist. Wichtig zu prüfen: die Phantomspeisung (48V) sollte am Audio-Interface eingeschaltet sein und der Potis für Input- und Output-Lautstärke (soweit vorhanden) sollten etwa in mittlerer Stellung aufgedreht sein.
Einstellungen / Preferences
Der wichtigste (und vorläufig einzige) Schritt in den Einstellungen ist die Auswahl des Audio-Interfaces. Du erreichst das Menü über den Button Preferences oben rechts.
Auch wenn Du Dein Audio-Interface bereits im Betriebssystem als Standard-Interface defniert hast (was ich nicht empfehle, weil dann Fehlermeldungen u.ä. mitunter sehr laute Geräusche erzeugen über Deine Lautsprecher), würde ich in REW unter Output Device bzw. Input Device explizit das Interface auswählen, das Du für die Messung verwenden möchtest. Ob Du 44.1kHz oder 48kHz ist für unsere Zwecke nicht relevant. Allerdings solltest Du kontrollieren, dass Dein Audio-Interface auf dieselbe Samplingrate eingestellt ist.
Output sollte auf L eingestellt sein, denn das Signal soll ja über den ersten Ausgang (L) an den Lautsprecher gehen.
Bei Input wählst Du denjenigen Eingang aus, an dem Du das Messmikrofon angeschlossen hast, also vermutlich L oder 1.
Letztlich musst Du noch den Ausgangspegel Sweep Level justieren. Wenn Du einen aktiven Studio-Lautsprecher direkt an das Audio-Interface angeschlossen hast, solltest Du bei etwa -40dBFS starten und ggf. langsam erhöhen. Wenn Du zwischen Interface und Lautsprecher noch einen Receiver geschaltet hast, werden -40dBFS deutlich zu leise sein.
Über den Button Check Levels… hast du die Möglichkeit ein Rauschen zu generieren und die Signalkette und Lautstärke zu prüfen. Es ist wichtig, bei Levels die korrekte Option für Deine Situation auszuwählen. Wenn Du einen normalen Lautsprecher verwendest, dann solltest Du Use main speaker test signal auswählen. Und wenn Du nur einen Subwoofer verwendest, dann sollte Use subwoofer test signal eingestellt sein. REW schneidet das Testsignal unter 100Hz ab im Main speaker Modus, so dass wir mit der falschen Kombination aus Lautsprecher und Modus nur wenig bis gar nichts hören werden.
Es ist nicht notwendig und ohne Kalibrator auch nicht möglich, für die Messung einen ganz bestimmten Pegel einzuhalten. Zu leise sollte das Signal allerdings nicht sein. Denn wir betrachten ja das Abklingen des Signals im Raum. Je nach Höhe des Störgeräuschpegels im Raum ist es also vorteilhaft, wenn wir das Mess-Signal recht laut einstellen.
Wenn wir das Signal erfolgreich auf den Lautsprecher geschaltet haben und die Ausgangs-Lautstärke eingestellt haben, müssen wir noch den Eingangs-Pegel des Mikrofons am Audio-Interface justieren. Ich würde bei laufendem Messsignal wie von REW vorgeschlagen ganz grob -18dBFS anpeilen, damit wir genügend Reserven haben und das Signal nicht übersteuert.
Das sollte es an Einstellungen schon gewesen sein. Also direkt weiter zur Praxis!
Die erste Messung
Mit dem Button Measure gelangst Du zum Dialog für die Messung. Da uns eine Kalibrierung in dBSPL momentan nicht interessiert, kannst Du den Warnhinweis „SPL not calibrated“ getrost überspringen mit dem Button Continue anyway.
Du siehst anhand des Screenshots, mit welchen Einstellungen ich meine Messungen erstellt habe. Hier die wichtigsten Punkte:
Name: da wir mitunter einige Vergleichsmessungen machen von verschiedenen Positionen und verschiedenen Absorber-Standorten, solltest Du Dir von Anfang an angewöhnen eindeutige Namen zu vergeben. Es sind in der Liste später nur einige Zeichen sichtbar. Ich verwende deshalb Abkürzungen wie z.B. LU (links unten), RO (rechts oben), jeweils zuerst die Quelle (also der Lautsprecher-Standort), dann das Ziel (der Ort des Messmikrofons). Danach schreibe ich immer einen kurzen Kommentar zur akustischen Situation, z.B. leer (also ohne Absorber), voll (mit allen Absorbern) oder sonstige Unterscheidungen (z.B. Fenster offen, Tür offen).
Range: ich verwende den Frequenzbereich von 10Hz bis 20.000Hz. Wenn Du später viele Vergleichsmessungen durchführst von verschiedenen Absorber-Standorten oder Lautsprecher-Positionen und Du Dich eigentlich nur für die tiefen Raummoden interessierst, dann kannst Du den Bereich natürlich auf 10Hz bis 250Hz verkleinern. Das schont Deine Ohren, und Deine Nachbarn machen sich keine Sorgen wegen der Sirenen-Geräusche!
Settings: der kleinste Wert von 128k bedeutet eine Sweep-Länge von etwa 3 Sekunden. Dies dürfte für die meisten Räume mehr als ausreichend sein. Dennoch empfiehlt es sich, die Länge der Messung zu erhöhen. Denn bei jeder Verdopplung der Länge erhalten wir einen rund 3dB besseren Signal-Rauschabstand. Ich verwende hier meist 512k, da gelegentlich Autos im Hintergrund zu hören sind. Und 12 Sekunden sind hier gut investiert für möglichst saubere Messungen.
Die Erhöhung der Repetitions bringt theoretisch den gleichen Effekt: bei jeder Verdopplung gibt’s 3dB geringere Nebengeräusche. Allerdings hat dieser Effekt bei mir mit REW nur gelegentlich geklappt, wohingegen die Verlängerung der Length immer eine Verbesserung gebracht hat.Timing: da wir kein Referenz-Signal verkabelt haben, verwende ich bei Timing no timing reference.
Sind alle Einstellungen gemacht, kannst Du über den Button Start Deine erste Messung durchführen! Behalte den Blick während der Messung auf der großen Headroom-Anzeige. Im besten Fall sind die Pegel in Ordnung und Dein Headroom liegt im Bereich 10-15dB. Sollte die Messung übersteuert sein, musst Du den Mikrofon-Pegel etwas absenken und das ganze nochmal durchführen.
Das Spectrogram
Nach der Messung zeigt uns REW zunächst den Frequenzgang an. Es sollte uns nicht beunruhigen, dass dieser nun nicht gerade linear aussieht. Wir haben ja bewusst die schlechtesten Positionen für unseren Lautsprecher und unser Mikrofon gewählt, damit wir möglichst viele der „schlechten Einflüsse“ unseres Raumes einfangen und sichtbar machen können.
Viel aussagekräftiger bezüglich der Raummoden ist das sogenannte Spectrogram. Du findest es als dritte Option in dem mit zwei kleinen >> Pfeilen versteckten Auswahlmenü (siehe Screenshot).
Da uns vorrangig der tieffrequente Nachhall interessiert, können wir den Frequenzbereich entsprechend anpassen, z.B. auf 10..200Hz mit dem Button unten rechts. Über den Button Limits lässt sich dies ggf. noch genauer einstellen.
Zwei große Raummoden stechen eindeutig heraus, bei 28Hz und bei 50Hz. Während die meisten Frequenzen nach 300ms um 30dB abgesunken sind, brauchen diese beiden Moden rund 900ms.
Da immer wieder mal der Begriff Nachhallzeit auftaucht: diese ist per Definition die Zeit des Pegelabfalls um 60dB, auch RT60 genannt (Reverb Time). REW wählt für das Spektogramm zunächst andere Voreinstellungen. In meinem Diagramm ist der Abfall über 40dB abzulesen (92dB zu 52dB). Die Nachhallzeit RT60 liegt somit deutlich darüber.
Wasserfall / Waterfall
Es gibt noch ein weiteres Diagramm, das gerne verwendet wird im Zusammenhang mit Raummoden und dem Abklingverhalten von Räumen: das Wasserfall-Diagramm.
Es sieht etwas imposanter aus, aber bietet aus meiner Sicht kaum zusätzliche Informationen im Vergleich zum Spectogram. Letztlich sind es die gleichen Daten. Im einen Fall wird der Pegel als Höhe dargestellt (somit in 3D), im anderen Fall als Farbe.
Durch den schrägen Winkel beim Wasserfall-Diagramm ist es zudem nicht ganz so einfach, die genauen Frequenzen abzulesen. Ich persönlich bevorzuge deshalb meist das Spectogram.
Wenn Du an dieser Stelle angekommen bist, dann erstmal herzlichen Glückwunsch zur ersten Messung Deiner Raumakustik! Um später jederzeit auf Deine Messungen zurückgreifen zu können, solltest Du diese über den Button Save All abspeichern. Und über den Capture Button lässt sich das Spectogram sehr bequem als JPG Grafik abspeichern, falls Du es an Freunde schicken oder in eine Facebook-Gruppe posten möchtest!
Vergleichs-Messung an normaler Abhör-Position
Auch wenn die gerade verwendeten Positionen in den Ecken gut geeignet sind, um alle Schwingungen Deines Raumes aufzuzeigen, so interessiert Dich vermutlich trotzdem, wie nun die Sache konkret an der Position aussieht, an der Du normalerweise Musik hörst. Ebenso ist die Lautsprecher-Position in der Ecke natürlich nachteilig zum Musikhören.
Wenn Du also schon mal dabei bist, solltest Du Deine Lautsprecher wieder auf Deine übliche Position schieben und das Mess-Mikrofon dorthin stellen, wo Du normalerweise Deine Ohren hast beim Musikhören. Es ist sinnvoll, dass Du zwei weitere Messungen anfertigst, einmal für den linken und einmal für den rechten Lautsprecher einzeln.
Die Frequenzen der herausstechenden Raummoden sind vermutlich sehr ähnlich wie bei der ersten Messung in der Raumecke. Aber möglicherweise erhälst Du hier nochmal einen anderen Blickwinkel. Wenn Du bezüglich Lautsprecher- und Abhör-Position noch flexibel bist, solltest Du bei den weiteren Schritten eher nach der Messung in der Ecke gehen und den Raum insgesamt verbessern. Falls Du aus irgendeinem Grunde bereits festgelegt bist mit den Positionen, dann kannst Du Dich eher nach der Messung an diesem konkreten Punkt orientieren und Dich nur auf die dort tatsächlich auftretenden Probleme konzentrieren.
Maßnahmen gegen Raum-Moden
Auch wenn dieser Artikel dem Messen der Moden diente und Dir einen Weg aufzeigt zum Offenlegen der raumakustischen Probleme, so möchte ich trotzdem kurz die drei nächsten Schritte skizzieren:
Einordnen der Messergebnisse in Raum-Geometrie
Jede messtechnische Auffälligkeit hat natürlich seine physikalische Ursache. Damit wir Maßnahmen ergreifen können zur Bekämpfung einer Mode, müssen wir zunächst herausfinden, zwischen welchen Wänden die gemessene Schwingung entsteht.
Auch hierfür gibt es glücklicherweise viele kostenlose Tools, wie z.B. amroc.
Unter Verwendung meiner Raummaße (690 x 344 x 295cm) siehst Du einen ersten Zusammenhang zwischen dem Diagramm und der Geometrie. Leider ist mein Wohnzimmer nicht ganz rechteckig, sondern hat einen 10m langen Korridor. Für die deutliche 50Hz-Mode gibt es zwei Möglichkeiten als Ursache: entweder die Mode 2-0-0 (also 2. Ordnung von 690cm), oder 0-1-0 (1. Ordnung von 344cm). [Und leider ist auch die 3-0-0 Mode von 10m mit 51Hz genau in diesem Bereich.]
Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass mein Raum nicht vollständig leer war. Ich habe zwar die mobilen Absorber alle ins Nebenzimmer geräumt, aber die Deckensegel sind hängengeblieben. Aus diesem Grunde ist im Spectogram keine 0-0-1 Raummode (zwischen Decke und Fußboden) bei 58Hz zu sehen. Die Deckensegel haben sie bereits deutlich abgedämpft!
Je rechteckiger und symmetrischer Dein Raum aussieht, desto eindeutiger lassen sich deine Messergebnisse der Raumgeometrie zuordnen.
Kleiner Tipp: Du kannst bereits ohne Absorber recht schnell prüfen, ob eine Wand in die Mode involviert ist, indem Du ein Fenster oder eine Tür an der jeweiligen Wand öffnest. Beispielsweise sind beide unteren Moden in meinem Falle nahezu verschwunden, sobald ich die große Fensterfront geöffnet habe (siehe nächstes Spectogram). Somit ist für mich klar, dass ich mein Haupt-Augenmerk auf die Verkleidung der Wand hinter den Lautsprechern legen sollte.
Dimensionierung geeigneter Absorber
Wenn wir durch die Messung nun also die Frequenzen kennen, die wir bedämpfen sollten und durch die Geometrie auch wissen, an welche Wand wir unsere Absorber platzieren müssen, um gezielt diese Mode zu erreichen, können wir unsere Absorber entwerfen.
Die großen Fragen hierfür lauten: welches Prinzip (poröse Absorber, Helmholtz-Absorber oder Platten-Absorber), welches Material (und mit welcher Dichte bzw. mit welchem Strömungswiderstand) und welche Absorber-Tiefe.
In meinem Blog-Artikel zu verschiedenen Materialien bei Breitband-Absorbern habe ich bereits etliche Beispiele an Absorber-Tiefen und deren Absorptionsgrad bei tiefen Frequenzen für poröse Absorber besprochen.
Meine 50Hz Raummode lässt sich mit 40cm Absorber-Tiefe gerade noch abdämpfen, wenn man die ganze Wand verkleidet. Bei 28Hz sieht die Wirksamkeit allerdings nicht mehr so gut aus. Somit werde ich entweder die Fenster immer öffnen müssen zum Musikhören – was je nach Wetter und meiner gewünschten Abhör-Lautstärke nicht immer die beste Idee ist! Oder – und danach sieht es aus – ich verwandle meine porösen Absorber zu Helmholtz-Absorbern, die bei gleicher Absorber-Tiefe deutlich tiefer hinunter reichen.
Welche Ideen auch immer Du hast zur Verbesserung Deiner Raummoden, durch eine erneute Messung mit REW kannst Du wunderbar vergleichen, ob eine Maßnahme eine Verbesserung bringt! Und Du kannst im weiteren Prozess natürlich auch die Lautsprecher an Ihrer eigentlichen Position belassen. Wichtig ist nur, dass Du beim Vergleichen nur einen Parameter änderst. Also entweder den Lautsprecher unverändert lassen und mit Absorbern experimentieren, oder die Absorber unverändert lassen und verschiedene Lautsprecher-Positionen vergleichen. Wenn Du mehrere Parameter gleichzeitig änderst, wird es schwierig herauszufinden, welche Maßnahme konkret die Verbesserung (oder Verschlechterung) verursacht hat.
Ich hoffe, ich konnte Dich mit meiner kleinen Anleitung zu REW motivieren, die Eigenheiten Deines eigenen Raums einmal zu messen. Denn je besser Du die Herausforderungen kennst, desto besser kannst Du Maßnahmen bestimmen zur Lösung!
Ich wünsche Dir viel Spaß beim Ausprobieren und viel Erfolg für die weiteren Schritte auf dem Weg zum perfekten Klang in Deinem Wohnzimmer oder Tonstudio!
Blog-Artikel: 5 Tipps für bessere Raumakustik-Messungen
Blog-Artikel: Steinwolle, Glaswolle, Hanf: Welches Material eignet sich am besten als Absorber?
Blog-Artikel: Mess-Mikrofon Vergleichstest
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