Messmikrofon Vergleichs-Test

Behringer ECM8000 vs. Beyerdynamic MM1 vs. iSEMcon EMX-7150

Messmikrofone Beyerdynamic MM1 Behringer ECM8000 isemcon EMX-7150 Stativ.jpg

Nicht selten tauchen unter den Musikliebhabern die Fragen auf wie „welcher Lautsprecher ist der Beste?“, welcher Verstärker ist der Beste?“ und eben auch „welches Messmikrofon ist das Beste?“.

Und egal, für welches Produkt man sich entscheidet, wenn man bereit ist mehr Geld auszugeben, dann bekommt man irgendwo garantiert ein Produkt, das noch „besser“ ist als das eigene. Ein Lautsprecher für 2000 EUR wird in der Regel besser sein als einer für 200 EUR. Und ein Lautsprecher für 20000 EUR wird vermutlich noch besser sein als derjenige für 2000 EUR.

Der Markt für Messmikrofone ist etwas überschaubarer als derjenige für Lautsprecher. Aber dennoch: wir finden Mikrofone für EUR 30 und welche für über 2000 EUR. Die große Frage, die man sich dabei immer stellen muss:

Haben die technischen Unterschiede für meine Anwendung einen Vorteil? Und falls überhaupt, ist es mir diesen Aufpreis wert? Oder kann ich den Produkt-Nachteil des günstigeren Mikrofons auf anderem Wege kompensieren?

Ganz konkret haben sich in meinem Mikrofon-Koffer über die Jahre drei verschiedene Mess-Mikrofone angesammelt:

Jochen 3 Messmikrofone Vergleich quadratisch 900px.jpg

Wenn du gerade vor der Entscheidung für dein erstes Messmikrofon stehst, dann willst du natürlich sicherstellen, dass die Messergebnisse brauchbar sind und du nicht an der falschen Stelle sparst. Genau diese Frage werde ich dir heute anhand einer Messungen aus der Praxis beantworten.

Zunächst werfen wir einen Blick auf die Unterschiede, die wir überhaupt antreffen werden. Ebenso ist jeweils die Frage zu klären, inwieweit dieser Unterschied für uns relevant ist.

Qualitätsmerkmale

Jeder Hersteller liefert in der Regel einige wichtige Spezifikationen über seine Mikrofone. Natürlich werden solche Werte aus Marketing-Gründen manchmal etwas verschönert, aber dennoch liefern sie uns einen ersten Anhaltspunkt. Einige typische Mess-Mikrofone habe ich in folgender Tabelle gegenübergestellt:

Hersteller Typ Preis
(ca. EUR)
Max SPL Min SPL Empfindlichkeit
(mV / Pa)
Durchmesser Entzerrung Gewicht
Behringer ECM8000* 34,- Keine Angabe Keine
Angabe
15mV** 12mm Diffusfeld** 136g
Beyerdynamic MM1* 155,- 122dB (1%THD) 26dBA 15mV 9mm Diffusfeld 88g
iSEMcon EMX-7150 253,- 146dB (3% THD) 30dBA 6mV 7mm Freifeld 75g
Earthworks M23* 529,- 140dB 20dBA 34mV 7mm Freifeld 160g
Earthworks M30* 729,- 140dB 20dBA 34mV 7mm Freifeld 225g
DPA 4006A* 1999,- 147dB (10% THD)
136dB (1% THD)
15dBA 40mV 12mm beides
(austauschbarer Grid)
163g
DPA 4007A 2166,- 159dB (10% THD)
139dB (1% THD)
24dBA 9mV 12mm beides
(austauschbarer Grid)
161g

Maximaler Schalldruck

Zunächst einmal müssen wir die Hersteller-Angaben mit Vorsicht genießen. Je teurer das Mikrofon, desto präziser sind die Angaben. In der unteren Preisklasse fehlen die Angaben oft oder sind sehr schwammig. Dies kann bedeuten, dass der Hersteller selbst nicht genau weiß, wie gut sein Mikrofon abschneidet. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Hersteller zwar weiß, wie die Werte seines Mikrofones aussehen, aber dass die Werte entweder vergleichsweise schlecht sind oder sehr schwanken von Mikrofon zu Mikrofon.

Wenn man die Werte zum maximalen Schalldruck vergleichen will, gilt es natürlich Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen. Es ist nur sinnvoll, die Werte mit gleichem Schwellwert gegenüberzustellen. Am Beispiel DPA sieht man ja, dass je nach Schwellwert (z.B. 1% oder 10% Verzerrung) sehr unterschiedliche Werte herauskommen können.

Da die Hersteller jeweils verschiedene Verzerrungs-Schwellwerte benutzen oder diese nicht angeben, ist eine Vergleichbarkeit leider nicht zu 100% gegeben.

Nichtsdestotrotz müssen wir uns überlegen, in welcher Situation wir unser Messmikrofon später einsetzen werden. Meine Messungen erfolgen meist im Bereich 75-85dB SPL. Damit liege ich meist weit über den Nebengeräuschen im jeweiligen Raum. Lauter muss es normalerweise nicht sein. Und alle Mikrofone sind hierfür mehr als ausreichend ausgelegt.

Falls du während eines lauten Konzerts den Frequenzgang überwachen oder den Schalldruck protokollieren möchtest, dann wirst Du vermutlich Lautstärken bis in den Bereich 110-120dB vorfinden. Dies ist mit allen Mikrofone möglich – wobei das Behringer hier mangels Angaben nicht eindeutig ist.

Warum gibt es denn dann überhaupt Mikrofone, die über 140dB SPL vertragen?

Zunächst einmal werden die hochwertigen Mikrofone von DPA natürlich auch für musikalische Aufnahmen eingesetzt. Und wenn man das Mikrofon direkt vor die Trompete oder Pauke stellen möchte, dann ist man gut beraten, wenn man ausreichend Reserven vorsieht! Aus diesem Grund bietet DPA zwei sehr ähnliche Mikrofone an (4006 und 4007), die sich vor allem durch möglichen Schallpegel unterscheiden.

Aber auch im Bereich Messtechnik ist es möglich, dass wir solche hohen Schalldrücke messen möchten. Zum einen könnten wir im Labor ermitteln wollen, welchen Maximalschalldruck wir mit einem Lautsprecher erzeugen können. Und dazu muss das Mikrofon natürlich deutlich mehr Schalldruck vertragen bevor es verzerrt, als der Lautsprecher liefern kann – meist in 1m Entfernung.

Zum anderen könnten wir bei Live-Anwendungen auf die Versuchung kommen, unser Mess-Mikrofon nicht nur im Zuschauerbereich aufzustellen, sondern vielleicht sehr nah an die PA zu bringen. Dadurch könnten wir den Direktschall des Lautsprechers überwachen ohne die Nebengeräusche der Zuschauer. Bei jeder Halbierung der Entfernung steigt der Schalldruck um 6dB. Wenn die Zuschauer also 110dB SPL ausgesetzt sind, dann wären es in geringer Entfernung zum Lautsprecher schnell über 120dB SPL.

Die Anwendungen, bei denen du über 120dB SPL benötigst, sind jedoch äußerst selten. Insbesondere für Messungen im Tonstudio und Wohnzimmer kommt keines der obigen Mikrofone an seine Grenze bezüglich maximalem Schalldruck.

Messmikrofone Vergleich iSEMcon EMX-7150 vs Behringer ECM8000 vs Beyerdynamic MM1 zusammen geklebt.jpg

Störgeräuschpegel

Als Gegenspieler des maximalen Schalldrucks gibt es natürlich auch einen minimalen Schalldruck. Dieser Punkt ist dann erreicht, wenn die Eigengeräusche des Mikrofone lauter sind als das Umgebungsgeräusch.

Nun müssen wir uns immer vor Augen halten, in welcher Umgebung wir vermutlich unsere Messung durchführen. Aufnahmestudios haben sehr zu kämpfen, dass sie ihre Isolierung ausreichend dick und gewissenhaft ausführen, dass sie einen Raum mit einem Ruhepegel von 30dBA überhaupt hinbekommen. Wenn Du Messungen durchführen möchtest, die genau diesen Ruhepegel bestätigen, dann sollte Dein Messmikrofon natürlich darunter liegen. Und dies bedeutet in der Regel einen entsprechenden Preis für das Mikrofon und auch für den Vorverstärker.

Für alle anderen (mich eingeschlossen), die nicht den Störgeräuschpegel des Raumes messen, sondern einen Lautsprecher, können diesen Punkt getrost vernachlässigen. Die Umgebungsgeräusche sind meist ohnehin im Bereich 40-50dB. Und mit unserem Mess-Signal werden wir meist darüber liegen, bei etwa 70-80dB. Ob das Mikrofon nun bei 30dB rauscht oder bei 20dB, das werden wir außerhalb eines Labors in keiner Mess-Kurve jemals sehen können.

Aus diesem Grunde kommen alle aufgelisteten Mikrofone für die Frequenzgang-Messung von Lautsprechern in Frage. Solange der Störgeräuschpegel des Mikrofons im Bereich 30dBA oder darunter liegt, gibt es hier keinerlei Vor- oder Nachteile.

Empfindlichkeit

Die Ausgang-Spannung, die ein Mikrofon liefert, ist zunächst einmal ein rein quantitativer und nicht qualitativer Wert. Der Mikrofon-Vorverstärker lässt sich ja in der Regel justieren, um das Signal entsprechend an den tatsächlichen Schalldruck anzupassen.

Wir reden bei der Empfindlichkeit übrigens von Werten im Bereich von 6mV bis 40mV pro Pascal. D.h. wieviel Spannung gibt das Mikrofon aus bei einem definierten akustischen Schallsignal. Der Unterschied zwischen den Mikrofonen beträgt somit ca. 16dB [=20 x log (40mV/6mV)].

Dennoch gibt es wie so oft Extremfälle, an denen dieser Wert eben doch einen Unterschied macht. Nehmen wir die beiden Extrembeispiele aus den vorigen Punkten:

Wenn wir vor der Trompete in den Bereich von über 120dB eintauchen, dann würde manches Mikrofon Spannungen erzeugen, die einen Mikrofon-Vorverstärker übersteuern könnten. Falls wir diesen Schalldruck-Bereich erwarten, dann sollten wir uns für ein Mikrofon im unteren Bereich der Empfindlichkeit entscheiden.

Wenn wir dagegen in einem ruhigen Raum recht leise messen oder Musik aufnehmen, dann ist es für die Signalqualität vorteilhaft, wenn das Mikrofon bereits ein ordentliches Signal abliefert. Dadurch muss der nachfolgende Mikrofon-Vorverstärker nicht ganz so weit aufgedreht werden. Und zudem reduzieren wir den Einfluss von Störsignalen auf dem Kabelweg. Als Hauptmikrofon bei klassischer Musik (in einigen Metern Entfernung vom Orchester) wird deshalb gerne das DPA 4006 mit seiner recht hohen Ausgangsspannung eingesetzt.

Für die üblichen Einsatzbereiche eines Messmikrofons, d.h. wenn wir selbst das Mess-Signal einspielen und keinen Schalldruck von über 120dB erwarten, sind weiterhin alle aufgeführten Mikrofone im Rennen.

Diffusfeld vs Freifeld-Entzerrung

Die meisten Mess-Mikrofone besitzen eine Freifeld-Entzerrung. Das bedeutet, dass sie einen möglichst linearen Frequenzgang aufweisen für frontal (bei 0°) eintreffenden Schall.

Ich habe bereits in einem anderen Artikel die Unterschiede untersucht für meine drei Mikrofone, die eine Winkel-Änderung auf den Frequenzgang hat. Kurz gefasst: bei hohen Frequenzen nimmt die Empfindlichkeit um einige dB ab, wenn Schall seitlich eintrifft.

Es gibt deshalb Mikrofone mit einer Diffusfeld-Entzerrung, die bewusst eine Höhenanhebung hinzufügen. Für Schall in einem diffusen Schallfeld, d.h. aus allen Richtungen, ergibt dies im Durchschnitt einen linearen Frequenzgang. Allerdings zeigt der Frequenzgang in 0° dann eben eine Höhenanhebung.

Die Entzerrungskurve ist kein Qualitätsmerkmal. Es kommt lediglich auf den Einsatzzweck an! Einige Mikrofon-Hersteller wie DPA liefern ihre Mikrofone deshalb mit austauschbaren Grids an, damit man je nach Situation das eine oder das andere benutzen kann. Andere Hersteller wie iSEMcon liefern ihren Mikrofonen Korrektur-Kurven auf einem USB-Stick mit, damit man diese Korrektur-Werte in seiner Mess-Software verwenden kann und ebenfalls je nach Situation zwischen beiden Entzerrungen auswählen kann.

Der überwiegende Teil unserer Lautsprecher-Messungen wird im Direktschall erfolgen. Es wird zwar immer auch Reflexionen geben von Seitenwänden, aber die Hauptenergie wird (hoffentlich) vom Lautsprecher kommen. Somit verwende ich immer Mikrofone mit Freifeld-Entzerrung und richte meine Mikrofone zum Lautsprecher.

Beyerdynamic schreibt zum MM1 ganz offen, dass es eine Diffusfeld-Entzerrung besitzt. Dies ist erstmal nicht schlimm. Man muss lediglich im Hinterkopf behalten, dass man bei einer Anwendung im Freifeld eine Überhöhung der hohen Frequenzen messen wird für die 0°-Richtung. Damit man einen schöne geraden Frequenzgang am Bildschirm erreicht, kann man das Mikrofon entweder drehen, so dass der Lautsprecher nicht mehr bei 0° sondern eher bei 60° eintrifft, oder man besorgt sich passende Korrektur-Werte oder erstellt diese selbst für die Mess-Software.

Aus meiner persönlichen Erfahrung würde ich im Zweifel immer ein Mess-Mikrofon mit Freifeld-Entzerrung kaufen. Nicht jeder Hersteller liefert Korrektur-Daten und nicht jede Software bietet die Möglichkeit, solche Korrektur-Daten zu verwenden. Und insbesondere bei Deinen ersten Versuchen zu Hause wirst du ausschließlich im Freifeld messen – solange du nicht gerade in einem halligen Badezimmer startest!

Serien-Streuung

Ein Punkt, den wir leider nicht vom Hersteller genannt bekommen, und den wir selbst kaum prüfen können, ist die Serien-Streuung. D.h. wie groß sind die Abweichungen zwischen den Mikrofonen eines Typs. Die schönste Frequenzgang-Kurve Deines Kollegen nützt ja nichts, wenn das Exemplar, was du dir morgen kaufst, vielleicht eine ganz andere Kurve ausgibt.

Man kann nur ganz grob mit dem gesunden Menschenverstand abschätzen, dass günstige Mikrofone sehr wahrscheinlich eine höhere Streuung aufweisen als teure. Zum einen ist die eigentliche Produktionsqualität vermutlich geringer bei Low-Budget-Produkten. Zum anderen ist aber auch der Prozess der Qualitätsprüfung beim Hersteller nicht auf dem Niveau eines High-End-Herstellers.

Es gibt jedoch eine Möglichkeit, wie wir als Kunde halbwegs sicher gehen können, dass unser Exemplar tatsächlich einen gewissen Standard aufweist und für uns nutzbar sein wird. Wir können darauf achten, dass wir zu jedem Mikrofon eine individuelle Mess-Kurve erhalten. Und damit meine ich nicht die Standard-Kurve im Produkt-Prospekt, sondern eine ganz individuelle von diesem einen Mikrofon. Denn wenn es diese Kurve und Daten gibt, egal ob auf Papier oder als PDF oder als Text-Datei, dann können wir sicher sein, dass jemand beim Hersteller unser Mikrofon ausgepackt hat und dieses einzeln geprüft hat.

Und zudem können wir diese Korrektur-Daten mitunter sogar noch in unsere Software importieren und erhalten nochmals eine weitere Verbesserung der Linearität unseres Mess-Aufbaus.

Robustheit

Das beste Mikrofon nützt nichts, wenn es innerhalb kurzer Zeit seinen Geist aufgibt. Solange du dich in die Messtechnik einarbeitest und das Mikrofon nur in deinem Wohnzimmer neben deiner Anlage liegt, spielt dieser Punkt vielleicht noch keine große Rolle.

Aber falls du schon jetzt weißt, dass dich das Thema Messtechnik eigentlich nur interessiert, weil Du deine Anlage zuküntig jede Woche bei Konzerten neu einmessen möchtest, dann ist dieser Punkt nicht zu unterschätzen.

Glücklicherweise sind alle Messmikrofone, die ich bisher in die Hand genommen habe, auf einem guten mechanischen Niveau. Neben dem eigentlichen Mikrofon hängt die Langlebigkeit deiner Mikrofone natürlich nicht nur vom Mikrofon selbst, sondern auch vom Zubehör ab. Ist das Stativ stabil und schwer genug, dass es nicht kippt? Hast Du ein stabiles Case für Deine Mikrofone, damit sie beim Transport unversehrt bleiben?
Ich kann zum letzten Punkt übrigens dieses kleine und leichte Case* empfehlen, in dem ich meine 7 Mikrofone nebst Kalibrator transportiere.

Messmikrofon Case Koffer Kalibrator iSEMcon EMX-7150.jpg

Kapseldurchmesser

Ich möchte dich nicht mit einer theoretischen Abhandlung über Vor- und Nachteile des Membrandurchmessers langweilen. Natürlich ist es vorteilhaft, eine möglichst kleine Membran zu verwenden, weil die Kugelcharakteristik dann theoretisch auch bei hohen Frequenzen noch bestehen bleibt und der Höhenabfall bei seitlichen Winkeln nicht allzu stark ausfällt. Und natürlich ist es vorteilhaft, eine möglichst große Membran zu verwenden, weil dann der Signalrauschabstand möglichst hoch ist.

Wenn wir uns die verschiedenen Mess-Mikrofone am Markt ansehen, dürfte eines klar sein: auf den Kapseldurchmesser kommt es nicht an! Es gibt gute und schlechte Mikrofone mit kleinem Durchmesser. Und es gibt gute und schlechte Mikrofone mit großer Membran.

Dennoch ist die Größe wichtig: ggf. möchtest Du später einmal den Mess-System auf absolute dB SPL kalibrieren. Sei es, weil du einfach nur neugierig bist, wie laut du denn generell deine Musik abhörst. Oder wie laut du deine Band abmischst. Oder auch, weil du (bzw. dein Auftraggeber) gesetzlich verpflichtet bist, ein Protokoll zu führen bei jeder Veranstaltung.

Spätestens dann wirst du über die Anschaffung eines Kalibrators nachdenken. Und spätestens dann wird die Frage nach dem Kapseldurchmesser kommen! Denn Kalibrator und Messmikrofon sollten rein mechanisch zusammenpassen.

Messmikrofon Kalibrator Adapter iSEMcon EMX-7150 Behringer ECM8000 Beyerdynamic MM1.jpg

Man kann zu den gängigen Kalibratoren immer auch Adapter dazubestellen für die Standard-Mikrofon-Größen: 1“, 1/2“, 1/4“, d.h. 2,5cm, 1,25cm und 0,67cm. Wenn Du ein Mikrofon anschaffst, was sich an diese Norm hält, dann wirst du es später leicht haben, einen beliebigen Kalibrator mit passendem Adapter zu finden.

Das iSEMcon EMX-7150 passt beispielsweise genau in den 1/4“-Adapter. Das Behringer ECM8000 passt genau in den 1/2“-Adapter. Das Beyerdynamic liegt dazwischen und lässt sich somit nicht ganz passgenau benutzen. 

Temperatur-Bereich

An welche Umgebungen denkst du, wenn du dir dein Mess-Mikrofon schnappst und den Klang deiner Lautsprecher optimieren möchtest? Hast du dabei eine Winterjacke und dicke Handschuhe an?

Wenn ich an meine Einmessungen in den letzten 20 Jahren denke, dann hatte ich dabei noch nie eine Winterjacke an! Ebenso wenig war ich bisher in der Wüste unterwegs.

Nichtsdestotrotz möchte ich diesen Punkt natürlich erwähnen, denn sicherlich hat jedes Mikrofon einen gewissen Temperatur-Bereich, in dem man es verlässliche Ergebnisse liefert. In den allermeisten Fällen dürfte das Mikrofon auch dann noch funktionieren, wenn du bereits aufgegeben hast! Für die üblichen Einmessungen zu Hause oder bei Konzerten werden wir uns vermutlich im Bereich 15 bis 30 Grad Celsius bewegen. Aus meiner Sicht können wir dieses Kriterium deshalb für unsere Entscheidung außer Acht lassen. Aber wenn du demnächst einen Job in der Antarktis hast, behaupte nicht, ich hätte es nicht erwähnt!

Gewicht

Ich weiß, vermutlich wirst du nun die Stirn runzeln und dich fragen, wieso ich das Gewicht erwähne. Wenn du ein einziges Mikrofon zu Hause verwendest, dann nehme ich es dir nicht übel, wenn Du direkt zum nächsten Abschnitt springst.

Falls Du jedoch bereits erste Erfahrungen mit Messtechnik gesammelt hast, und dir überlegst, mehrere Mikrofone anzuschaffen, dann spielt das Gewicht vielleicht doch eine Rolle. Ich verwende für die meisten Jobs heutzutage sieben Mikrofone. Bei einem Gewicht von 75g für jedes iSEMcon EMX-7150 liege ich damit bei guten 500g für die Mikrofone. Wenn ich mir die selbe Situation vorstelle mit 225g schweren Earthworks M30, dann wäre das Gewicht für die sieben Mikrofone schon bei 1,5kg. Da ich öfters fliege und die letzten Meter meist zu Fuß zurücklege, kommt es für mich persönlich tatsächlich auf jedes Kilo an. 

Der Versuchsaufbau

Nun aber endlich zur Praxis! Ich habe im ersten Schritt einfach mal meine drei verschiedenen Messmikrofone möglichst dicht zusammen geklebt und sie mit 50cm Abstand vor meinen Studio-Monitor Genelec 8331* gestellt. Als Mess-Software verwende ich Smaart V8 von Rational Acoustics.

Testaufbau Messmikrofone Wohnzimmer iSEMcon EMX-7150 vs Behringer ECM8000 vs Beyerdynamic MM1 auf Stativ.jpg

Erste Erkenntnis: der Unterschied in der Empfindlichkeit passt in etwa zu den Herstellerangaben. Ich habe für die weiteren Messungen das iSEMcon um 6.5dB erhöht, damit alle drei Kurven gleich laut sind [20 x log (15mV / 6mV) = 7,95dB]. Das Behringer ECM8000 liegt übrigens genau gleich mit dem Beyerdynamic MM1, so dass ich dessen Empfindlichkeit 15mV / Pa in der Tabelle für das Behringer ergänzt habe.

Messmikrofon Vergleich ohne Gainanpassung.png

Für die tiefen und mittleren Frequenzen ergeben sich kaum Unterschiede. Aber bei den hohen Frequenzen gibt es aufgrund der Nähe zueinander leider ein paar Beeinflussungen in Form von Interferenzen. Ich habe deshalb die Mikrofon-Position mit einem Bindfaden exakt gekennzeichnet und die drei Mikrofone anschließend nochmal einzeln gemessen.

Messmikrofon iSEMcon EMX-7150 Bindfaden Genelec 8331.jpg

Beim iSEMcon habe ich die Korrekturwerte des Herstellers zur Freifeld-Entzerrung in Smaart geladen. Ich bin mir hier also sehr sicher, dass ich einen geraden Frequenzgang erwarten darf, wenn ich das Mikrofon in einem Winkel von 0° auf den Lautsprecher richte.

Das heißt natürlich nicht, dass der Genelec Lautsprecher unbedingt perfekt gerade sein muss oder soll. Zum einen gibt es wie immer auch noch Geschmacksfragen zum Klang eines Lautsprechers. Und zum anderen spielt der Raum auch noch eine große Rolle für tiefe Frequenzen.

Nichtsdestotrotz zeigt die Kurve vom iSEMcon (grün) in etwa meine Erwartungen – mehr oder weniger linear bis zu höchsten Frequenzen.

Messmikrofon Vergleich iSEMcon EMX-7150 grün vs Behringer ECM8000 rot vs Beyerdynamic MM1 blau.png

Bis 2kHz ergeben sich keinerlei nennenswerte Abweichungen zwischen den drei Mikrofonen. Darüber gehen die Kurven leicht auseinander. Der Maßstab im Frequenzgang ist recht extrem gewählt, damit man die Unterschiede gut sieht. Bei 2kHz liegt das Behringer ECM8000 (rot) etwa 2dB über dem iSEMcon und das Beyerdynamic MM1 (blau) dazwischen. Der Unterschied wächst auf rund 3dB bei 16kHz. Die Glättung in Smaart beträgt übrigens 1/12 Oktave.

Da Beyerdynamic das MM1 als diffusfeld-entzerrt eingestuft hat, liegt dieser leichte Höhenanstieg im Rahmen unserer Erwartungen.

Behringer hat sein Mikrofon als freifeld-entzerrt eingestuft, kommt aber im Vergleich sehr viel näher an das MM1 als an das EMX-7150. Somit würde ich persönlich das Behringer ECM8000 als diffusfeld-entzerrt einstufen (zumindest mein Exemplar).

Messmikrofone Vergleich iSEMcon EMX-7150 vs Behringer ECM8000 60 Grad.jpg

Differenz-Messung

Als letzten Test habe ich mir den Spaß gemacht, das EMX-7150 und das ECM8000 direkt nebeneinander aufzubauen. Das EMX-7150 ist als Vertreter der Freifeld-Entzerrung mit 0 Grad zum Lautsprecher ausgerichtet. Das Behringer dagegen habe ich mit 60 Grad aufgebaut. Beide Kapseln sind annähernd an der Bindfaden-Markierung positioniert.

Smaart hat hierfür ein sehr nützliches Feature und erlaubt die Differenz-Messung zwischen zwei Eingängen. Ich habe also das Behringer als Mess-Signal gewählt und das EMX-7150 als Referenz-Signal. Und siehe da: die Kurven sind fast identisch!

Messmikrofon Vergleich Differenz iSEMcon EMX-7150 0 Grad vs Behringer ECM8000 60 Grad.png

Bis hinauf zu 12kHz beträgt die Abweichung weniger als 1dB zwischen beiden Mikrofonen, wenn man den Winkel gemäß ihrer Entzerrung verwendet.

Und damit sind wir nun bei der eigentlichen Fragestellung dieses Blog-Artikels:

Fazit: Wie günstig darf ein Messmikrofon sein?

Wie so oft: es kommt darauf an! Insbesondere dank des letzten Vergleichs zwischen Behringer und iSEMcon dürfte aber klar sein, dass die qualitativen Unterschiede zwischen den Messmikrofonen für die meisten Anwendungen äußerst gering sind.

Und damit möchte ich in keinster Weise am Preis oder an der Qualität zweifeln, die einige namhafte und etablierte Hersteller liefern. Mikrofone von beispielsweise DPA und Earthworks bieten messtechnisch eine unerreichte Qualität. Je nach Einsatzzweck sind sie das Beste, was man heute bekommen kann. Und es gibt eine Reihe von Einsatzbereichen, wo man genau das braucht und bezahlen sollte.

Labor-Messungen jeglicher Art, egal ob Ruhepegel im Aufnahmeraum oder Maximalpegel bzw. Verzerrungen von Lautsprechern sind nur mit hochwertigsten Mikrofonen zu meistern.

Es gibt allerdings auch eine große Anzahl von Situationen, in denen ein Mikrofon für 30 Euro die gleichen Messergebnisse liefert, wie ein Mikrofon für 1000 Euro. Vorausgesetzt, man kennt sein Equipment und kann die Ergebnisse deuten.

Und man darf eins nicht vergessen: für den Preis eines guten Mikrofons bekommt man etliche Mikrofone einer günstigeren Kategorie. Man ist also vorbereitet, falls mal ein Mikrofon defekt ist durch einen Sturz. Und man kann zu Hause in Ruhe alle Mikrofone nacheinander messen und prüfen, ob eines davon eine Abweichung aufweist zum Rest und dieses dann ggf. zurückschicken oder reparieren lassen.

Empfehlung für Einsteiger

Für den Heimgebrauch möchte ich nach all diesen Ausführungen zum Einstieg mit einem Messmikrofon unter 100 Euro raten. Letztlich erfolgt die Einmessung nicht durch das Mikrofon, sondern durch dich! Das Mikrofon zusammen mit der Analyser-Software zeigt dir Daten wie beispielsweise den Frequenzgang an, damit du daraus Entscheidungen treffen kannst und Parameter ändern kannst falls notwendig.

Mehr als 90% aller Fragestellungen lässt sich mit jedem Mikrofon der Welt beantworten: Pegelverhältnisse, Verzögerungszeiten (Delay), Phasenlage Subwoofer zu Haupt-Lautsprecher, Ermittlung von Raummoden, stehenden Wellen, etc. Nur für die ganz wenigen Male, an denen Du Dich mit Frequenzen über 4kHz beschäftigst, bedarf es einer gewissen Aufmerksamkeit, um die angezeigte Frequenzkurve zu interpretieren.

Empfehlung für Fortgeschrittene

Wenn du einige Monate Erfahrung gesammlt hast mit dem Einmessen und Optimieren von Lautsprechern und einen Schritt nach vorne machen möchtest, gibt es zwei Möglichkeiten:

zum einen kannst du einfach weitere Mikrofone vom selben Typ kaufen, den du bereits besitzt. Dadurch könntest du verschiedene Einstellungen an deinem DSP ausprobieren (Pegel, Delay, Filter, EQ) und direkt an mehreren Positionen gleichzeitig messen ohne jedes Mal dein Mikrofon bewegen zu müssen. Ich liebe diese Art zu arbeiten und ich denke, dadurch sind meine Ergebnisse schneller und besser. Es wäre für mich ein großer Rückschritt, wenn ich meine sieben Mikrofone gegen ein einziges tauschen würde, selbst wenn dieses das 7fache kosten würde.

Die andere Möglichkeit ist die Erweiterung um ein hochwertigeres Mikrofon. Eine Verbesserung kannst du insbesondere erzielen, wenn du ein Mikrofon mit passenden individuellen Korrektur-Daten für deine Mess-Software benutzt. Denn dann hast du nicht nur ein verlässliches Mikrofon. Du könntest auch deine bisherigen günstigeren Mikrofone mit diesem „kalibrierten“ Mikrofon prüfen und ggf. Korrektur-Daten selbst anfertigen. Diese Preisklasse beginnt etwa bei 250 EUR.

Für Anwendungen im Tonstudio und im Wohnzimmer würde ich vermutlich recht schnell auf ein einziges hochwertiges Mikrofon wechseln. Die Entfernungen sind gering, so dass du ohne Aufwand auch verschiedene Mikrofon-Positionen wechseln kannst.

Für Anwendungen in Theatern, Opern, Konzertsälen, Arenen etc. würde ich möglichst schnell auf mehrere Mikrofone aufstocken. Ich fühle mich mit meinen iSEMcon EMX-7150 sehr gut aufgestellt. Es gibt kalibrierte Daten für meine Smaart Software [und Nachtrag 31.1.2021: mit meinem kleinen Excel-Makro jetzt auch für EASERA und SysTune*], und zudem sind die Mikrofone erschwinglich genug, dass ich mehrere davon benutzen kann.

Die Preisklasse ab 500 EUR (beispielsweise das Earthworks M23* oder M30*) würde ich nur für Labor-Messungen bzw. sehr überschaubare Umgebungen empfehlen. Der Informationsgewinn geht für normale Anwendungen gegen Null. Dagegen nimmt der Aufwand stark zu, den man aufwenden muss, um sein teures Equipment zu beaufsichtigen und jeden Handgriff selbst zu machen oder eine Equipment-Versicherung abzuschließen. Wenn ein Mikrofon für 30 oder auch für 250 EUR tatsächlich mal runterfällt oder verschwindet, ist das Geschrei nicht ganz so groß, als wenn es um ein Mikrofon von 1000 EUR und mehr geht. Wir reden bei professionellem Einsatz ja meist von mehreren Mikrofonen, die über den Tag verteilt auch schon mal unbeaufsichtigt stehen müssen während der Mittagspause.

Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Einblicke geben in die Entscheidungskritierien, nach denen ich über die letzten Jahre meine Messmikrofone angeschafft habe und immer noch werde. Für welches Mikrofon du dich auch immer entscheidest, ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg beim Einmessen und beim anschließenden Musikhören!


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Jochen SchulzEinmessen